Sechs Punkte für Digitale Krebstherapie
Zum Weltkrebstag habe ich sechs Forderungen vorgelegt, um der Digitalisierung in der Krebsmedizin Vorschub zu leisten. Denn die Zukunft der Onkologie ist auch eine digitale und jeder Krebspatient verdient eine Behandlung, die Gesundheitsdaten optimal nutzt. Am Rande des 1. Krebsforschungskongresses am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg traf ich dazu führende Ärzte und Forscher.
Die aktuelle Nationale Dekade gegen Krebs ist auch ein neuer Impuls für die Digitalisierung der Krebsmedizin. Die Potenziale für die betroffenen Patienten sind hier besonders groß. Einfache Beispiele zeigen das:
Bei der Hautkrebs-Früherkennung können Computerprogramme Bilder verlässlicher auswerten als der Arzt mit bloßem Auge. Algorithmen lernen auf der Grundlage von tausenden Fällen.
Bei Genanalysen und pathologischen Tests fallen Daten an, die Schwachstellen an Tumorzellen sichtbar machen können – das kann die Grundlage der richtigen Therapieentscheidung sein.
Künftig könnten sogar ganze Behandlungsansätze in digitalen Modellen simuliert und erprobt werden – ohne Risiko für den Patienten. Solche „digitalen Zwillinge“ könnten helfen, vorab die erfolgversprechendsten Therapieoptionen zu identifizieren.“
Die sechs Punkte im Einzelnen: Das Sechs-Punkte-Papier können Sie hier als PDF herunterladen
Behandelnde Ärzte zur Datennutzung befähigen
Es muss zur Selbstverständlichkeit werden, dass behandelnde Ärzte im Interesse der Krebspatienten Daten zusammenführen dürfen. Wo Daten Leben retten können, wäre falsch verstandener Datenschutz völlig fehl am Platz. Jeder Krebspatient hat das Recht auf eine Behandlung, die alle verfügbaren medizinischen Daten optimal nutzt. Ich wünsche mir, dass das datengestützte Tumorboard in Deutschland zum Behandlungsstandard wird.
Kliniken digital aufrüsten: Länder endlich in die Pflicht nehmen
Digitalisierung wird für spezialisierte Kliniken nicht ohne zusätzliche Investitionen in IT-Ausstattung zu bewältigen sein. Ich erwarte, dass die Länder ihren Verpflichtungen zur Übernahme von Investitionskosten endlich voll nachkommen. Sollte sich die Verweigerungshaltung einzelner Länder fortsetzen, wird der Bund stärker eingreifen müssen.
Elektronische Gesundheitsakte für Krebspatienten nutzbar machen
Die eGA und die dazugehörigen Strukturen werden wir auf die Erfordernisse von Krebspatienten zuschneiden müssen. Existierende Lösungen wie Databox oder die vernetzte und forschungskompatible Patientenakte der Deutschen Hochschulmedizin zeigen: Dazu müssen wir das Rad nicht neu erfinden. Bei der Bedienbarkeit müssen die Ansprüche schwerstkranker Chroniker ausschlaggebend sein. Sie müssen parallel mit mehreren Leistungserbringern kommunizieren können, ohne den Überblick zu verlieren. Die Akte wird Erinnerungen und Terminvereinbarungen für Behandlung und Nachsorge bieten müssen. Anbieter müssen in der Lage sein, große Datenmengen sicher zu verarbeiten. Und: Eine elektronische Gesundheitsakte sollte anschlussfähig sein für die medizinische Forschung, beispielsweise mit einer transparenten Zustimmungsoption, bei Studien mitzuwirken.
Vorsorge: Einladung digital statt per Massenbrief
Vorsorge, zum Beispiel bei Brust- oder Darmkrebs, fördert die Früherkennung und trägt seit Jahren dazu bei, dass die Todesraten in Deutschland sinken. Ich erwarte, dass alle in Frage kommenden Personen freundlich, aber bestimmt auf diese freiwillige Möglichkeit der Vorsorgeuntersuchung hingewiesen werden. Nicht per Massenbrief, sondern mit einer individuellen Benachrichtigung, zum Beispiel per App oder Mail der Krankenkasse – und direktem Link zur Terminvereinbarung beim Arzt in der Nähe. Das ist zielgerichteter, personalisierter und günstiger.
Leitlinien: Patientengerechte „Übersetzung“ und Digitalisierung
Leitlinien sind für Krebsmediziner Pflichtlektüre. Doch heutzutage leiten sie nicht nur den behandelnden Arzt, sondern immer öfter auch den Patienten und seine Angehörigen durch die Behandlung. Gerade diejenigen Betroffenen, die sich als Laien gezwungenermaßen mit onkologischen Fachthemen beschäftigen müssen, verdienen eine alltagstaugliche ‚Übersetzung‘ von Leitlinien – und unkomplizierten Zugang zu entsprechenden Informationsangeboten, eingebettet in die elektronische Gesundheitsakte. So wäre der Patient besser vorbereitet für Gespräche mit Ärzten, Apothekern, Pflegepersonal oder auch der Krankenkasse.
Krebsforschung: nicht an Landesgrenzen scheitern lassen
Forschungsinitiativen, Krebsregister und Biodatenbanken sind heute noch viel zu oft auf Landesebene organisiert. Die Folge sind unnötige Parallelstrukturen und der Umstand, dass länderübergreifende Krebsforschung regelmäßig durch uneinheitliches Landesdatenschutzrecht ausgebremst wird. Das kann sich unsere Spitzenmedizin nicht erlauben. Das wäre ein falsches Verständnis von Föderalismus.
Die sechs Punkte werde ich auch in die Arbeitsgruppe Gesundheit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion einbringen. Von uns als Union ist mit dem Start der Dekade gegen Krebs ein geschlossenes Signal ausgegangen. Nun gilt es, die Krebsmedizin auch für die digitale Zukunft aufzustellen.